Warum muss der Beitrag noch stärker nach Kinderzahl unterschieden werden?

Bisheriger Kinderlosenzuschlag ist nicht ausreichend

Als Reaktion auf das Verfassungsgerichtsurteil zur Pflegeversicherung wurde 2005 ein Zuschlag von 0,25% für Kinderlose eingeführt. Dieser Zuschlag entspricht in seiner Höhe bei weitem nicht dem Gegenwert, den Eltern durch den Unterhalt für ihre Kinder leisten. Zudem ist er nicht – wie gefordert – relativ zur die Anzahl der Kinder ausgestaltet.

Führende Verfassungsrechtlicher wie Prof. Papier zweifeln daher an, dass die bisherige Umsetzung in ausreichendem Maße erfolgt und vor einer erneuten Klage bestand hätte. Denn in der Begründung im Urteil ist explizit aufgeführt, dass die Benachteiligung von Kindererziehenden innerhalb des Pflegeversicherung ausgeglichen werden muss und dabei die Beitragsentlastung „ab dem ersten Kind relativ“ erfolgen muss.

Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgericht:

Ziffer 61:

Auf die Wertschöpfung durch heranwachsende Generationen ist jede staatliche Gemeinschaft angewiesen. An der Betreuungs- und Erziehungsleistung von Familien besteht ein Interesse der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 88, 203 <258 f.>). […] Wird dieser generative Beitrag nicht mehr in der Regel von allen Versicherten erbracht, führt dies zu einer spezifischen Belastung kindererziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, deren benachteiligende Wirkung auch innerhalb dieses Systems auszugleichen ist. Die kindererziehenden Versicherten sichern die Funktionsfähigkeit der Pflegeversicherung also nicht nur durch Beitragszahlung, sondern auch durch Betreuung und Erziehung von Kindern.

Ziffer 72:

Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, wie er die Betreuungs- und Erziehungsleistung bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern berücksichtigt.Allerdings ist er von Verfassungs wegen verpflichtet, eine Lösung zu wählen, die Unterhaltsverpflichtete bereits ab dem ersten Kind relativ entlastet. Denn bereits dessen Betreuung und Erziehung führt dazu, dass Ungleiches im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung verfassungswidrig gleichbehandelt wird.

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